Für viele ist es zu einem ebenso interessanten wie entspannten Tag im Sachsenwald geworden: Zahlreiche Gäste besuchten alle drei Veranstaltungen, die die Otto-von-Bismarck-Stiftung zum 125. Todestag des ersten Reichskanzlers anbot. Die Pausen wurden im Wald verbracht, mit einem Picknick oder in einem der Restaurants in der Nähe.
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„Gefühle sind nicht erst heute der Treibstoff, um politische Interessen zu befördern und Massen für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Die wahre Staatskunst besteht indes darin, gefühlspolitische Botschaften zum Mittel vernunftgeleiteter Politik zu machen. Auch in dieser Hinsicht könnte Wladimir Putin einiges von Otto von Bismarck lernen.“ So beginnt die Historikerin und Direktorin des Forschungsbereiches „Geschichte der Gefühle“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, Ute Frevert, einen jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Artikel. Wie stichhaltig sind diese Betrachtungen über Bismarcks Gefühlspolitik?
Nervöse Unruhe, Nervenschmerzen im Gesicht und massives Übergewicht ließen Otto von Bismarck jedes Jahr nach Erholung suchen. Reiste er nicht nach Hause – auf sein Gut in Varzin oder nach Friedrichsruh –, besuchte er einen Kurort. Am 4. Juli 1874 traf er zum ersten Mal in Kissingen ein (damals noch ohne „Bad“). Er wurde dort zum häufigen und (meist) gerne gesehenen Kurgast, dem im Laufe der folgenden Jahre vielerlei Ehrungen zuteilwurden. „Otto von Bismarck und der Ehrenbürgerbrief des ‚Weltbades“ Kissingen“ stehen nun im Mittelpunkt des zehnten Bandes der Bad Kissinger Museums-Informationen, der pünktlich zum 25. Jubiläum des Bismarck-Museums in der Oberen Saline erschienen ist.
Die Begeisterung in Teilen der Öffentlichkeit für den ersten Reichskanzler und seine geschickte Selbstinszenierung ließen den Bismarck-Mythos entstehen. Der Podcaster Tobias Jakobi spricht in der Reihe „Geschichte Europas“ mit Dr. Ulf Morgenstern, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Otto-von-Bismarck-Stiftung, über dieses politische Phänomen und seine Nachwirkungen. Anlass ist der 125. Todestag Otto von Bismarcks am 30. Juli 2023.
„Bismarck-Streit: Kultfigur und Denkmalsturz in einer interaktiven Ausstellung“ heißt die Sonderschau des Stadtgeschichtliche Museums in der Zitadelle Spandau. Bis zum 1. April 2024 sind dort – neben künstlerischen Arbeiten von Márcio Carvalho und georgia Krawiec sowie den Künstlergruppen „Monumental Shadows“ und „Projektion Bismarck“ – auch zahlreiche Exponate aus dem Schönhauser Bismarck-Museum zu sehen.
Die abwechslungsreiche Ausstellung zeigt die Auseinandersetzung mit dem ersten deutschen Reichskanzler früher und heute und lädt zu eigenen kreativen Interventionen ein. Während sich der zeitgenössische Kult um ihn in den Schönhauser Objekten spiegelt, zeugen die Arbeiten der genannten Künstlerinnen und Künstler von der gegenwärtigen Kontroverse um Otto von Bismarck.
Die Pickelhaube sitzt fest auf dem Kopf, aber der Torso hat sich zweigeteilt und das Pferd scheint sich angesichts dieser Dekonstruktion überrascht umzublicken. Der Künstler Julius von Bismarck kommentiert in der Berlinischen Galerie, dem Museum für moderne Kunst in Berlin-Kreuzberg, mit Leichtigkeit und Witz die aktuellen Debatten über die Zukunft der Denkmäler seines Urururgroßonkels Otto von Bismarck: Das zusammengesunkene Reiterstandbild, dem Bremer Denkmal aus Holz nachempfunden, richtet sich wieder auf, scheint intakt – und fällt wieder in sich zusammen.
„Gestern Mittag traf hier der Generaladjutant des Königs von Siam, Phya Tejo, ein, um dem Fürsten Bismarck den ihm vom Könige am 2. September verliehenen Familienorden des Königlichen Hauses, in Brillanten und mit dem Bildnisse des Königs geziert, zu überreichen. Ferner war Phya Tejo Überbringer einer Anzahl von Geschenken, darunter der Platin-Photografien des Königs und der beiden Prinzen mit deren Unterschrift und zweier großer Blumenvasen (Hörner, getragen von siamesischen Kriegern) in hervorragend künstlerischer Arbeit.“
Es gibt Anlässe, für die wir gerne auf unsere sommerliche Pause im Veranstaltungsprogramm verzichten: Nach den schönen Erfahrungen im vergangenen Jahr laden wir im Juli wieder zu einem Sommerempfang in und um den Historischen Bahnhof Friedrichsruh ein. Außerdem möchten wir den 125. Todestag Otto von Bismarcks würdigen.
Der Sommerempfang am Sonntag, 9. Juli, beginnt um 15 Uhr mit einem Vortrag zu einem aktuellen Thema. Prof. Dr. Martin Schulze Wessel (LMU München) wird sich vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine mit dem imperialen Irrweg in der russischen Geschichte auseinandersetzen. Im Anschluss findet im Park des Historischen Bahnhofs ein geselliges Beisammensein mit Musik und kleinem Nachmittagsbuffet statt.
Der 125. Todestag Otto von Bismarcks am Sonntag, 30. Juli, ist Anlass für die zweite Sommerveranstaltung. Dr. Jochen Thies (Berlin) wird um 17 Uhr unter dem Titel „Wunsch und Wahrheit“ die aktuellen Bismarck-Debatten einordnen. Im Anschluss bieten wir einen Umtrunk an. Außerdem findet an diesem Tag im Bismarck-Mausoleum eine Sonderführung statt. Treffpunkt ist um 15.30 Uhr das Bismarck-Museum, wo die Eintrittskarten (zwei Euro, ermäßigt für Kinder und Jugendliche ein Euro) erworben werden können – da das Mausoleum der Familie von Bismarck gehört, kann es nur kostenpflichtig besucht werden.
Vor 150 Jahren, am 23. April 1873, wurde das Fürstendiplom für Otto von Bismarck ausgefertigt. Es diente zur Bestätigung einer Rangerhöhung, die gleichzeitig mit der Berufung in ein neu geschaffenes Amt stattgefunden hatte: Am 21. März 1871 hatte Kaiser Wilhelm I. Bismarck zum Reichskanzler ernannt und ihn zum Dank für seine Verdienste um die Gründung des deutschen Nationalstaats in den erblichen Fürstenstand erhoben.
Für den Verlauf des Deutsch-Französischen Krieges und insbesondere für Frankreich hatte dessen Niederlage in der Schlacht von Sedan am 2. September 1870 schwerwiegende Folgen: Die Gefangennahme Napoleons III. und die Flucht der Regentin sowie des Thronfolgers nach Großbritannien führten zum Zusammenbruch des Kaiserreichs und zur Ausrufung der Republik in Paris. Aus dem Exil heraus erhob Kaiserin Eugénie aber weiterhin Herrschaftsansprüche. Im September 1870 sondierte die neue republikanische Regierung Bedingungen für einen Waffenstillstand. Sie lehnte die deutschen Forderungen nach Abtretung des Elsass und von Teilen Lothringens jedoch entschieden ab, erklärte den Volkskrieg und stellte neue Armeen auf. Für die Deutschen war der Marsch auf Paris und dessen Einschließung nunmehr unabdingbar. Damit begann die zweite Phase des Krieges.
Aufgrund des deutschen Vormarsches und nach Bekanntwerden der deutschen Friedensbedingungen drohte eine Einmischung der europäischen Mächte in den Konflikt. Bismarck wollte demzufolge so rasch wie möglich Frieden zu seinen Bedingungen schließen. Daher forderte er gegen den Widerstand ranghoher Militärs die umgehende Beschießung der belagerten französischen Hauptstadt. Er hoffte, die Machthaber in Paris auf diese Weise zu einem Friedensabkommen zu zwingen.
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