„Mein Specialfach ist Privat- und Luxusarchitektur. Das entspricht meinem Charakter, meinem Geschmack“, schrieb Martin Haller am 3. Juni 1861 aus Paris an seinen Vater. Nach Stationen in Potsdam und Berlin war er in die französische Hauptstadt gezogen, um dort seine Ausbildung abzurunden – just in der Zeit, in der Georges-Eugène Haussmann deren Zentrum in eine moderne Metropole umgestaltete. Als Haller bald darauf die eigene Karriere in seiner wirtschaftlich aufstrebenden Heimatstadt Hamburg begann, setzte er auch auf eine Architektur im Stil der Neorenaissance und gewann damit im Laufe der nächsten Jahrzehnte zahlreiche Auftraggeberinnen und Auftraggeber, die seine herrschaftlichen Bauten sehr schätzten.
Martin Haller (1835 bis 1925) baute aber nicht nur luxuriöse Villen für die Hamburger Oberschicht, wie Dr. Claus Gossler am gestrigen Abend im Historischen Bahnhof Friedrichsruh erläuterte, sondern auch Bankhäuser und moderne Bürobauten, die Laeiszhalle und, als führendes Mitglied im Rathausbaumeisterbund, das Hamburger Rathaus. In seinen aktiven Jahren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs war er damit Teil der Hamburger Gesellschaft. Wie genau er diese im Blick hatte, zeigen seine Lebenserinnerungen. Er hatte sie in den Jahren 1913 bis 1920 handschriftlich in elf Kladden zu jeweils etwa 100 Seiten festgehalten. Jahrzehntelang lagen sie unbeachtet im Hamburger Staatsarchiv – die Stadt hatte ihren Sohn, der doch ihr modernes Gesicht so maßgeblich mitgeprägt hat, fast vergessen. Erst mit der hundertsten Wiederkehr der Einweihung des Hamburger Rathauses im Jahr 1997 sei die Erinnerung an Martin Haller langsam wieder zurückgekehrt, berichtete Gossler.