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Bernhard Schlink hat einen neuen, gewohnt geschichtsträchtigen Roman geschrieben. „Olga“ ist nach der Titelfigur benannt, deren Biographie entlang eines souveränen Durchgangs durch die deutsche Geschichte von der Bismarck-Zeit bis in die Ära Brandt erzählt wird. Was um 1880 in Breslau beginnt, endet in den Studentenunruhen der ausgehenden 1960er Jahre. Die betagte Protagonistin hat das Pech, bei der Sprengung eines Bismarck-Denkmals durch vandalierende Revoluzzer verletzt zu werden und an den Folgen zu sterben.

Ob dieser Spannungsbogen trägt und es sich lohnt, die 311 Seiten zu lesen, beurteilt die Kritik unterschiedlich. Wir meinen: Egal, die Geschmäcker sind wie immer verschieden und Schlink hat ein treues Lesepublikum, das sich von Mäkeleien der Feuilletons nicht beirren lässt. Und wenn sich genügend Käufer finden, verhandelt Schlinks Agent sicher bei den Filmrechten noch einmal nach. Spannend wird dann die szenische Umsetzung der Denkmalssprengung. Es wäre die erste seit den Nachkriegsjahren ….

Im thüringischen Arnstadt hat der junge Johann Sebastian Bach eine erste Station seiner Karriere abgeleistet und so ist es wenig erstaunlich, dass ihm auf dem Marktplatz ein Denkmal errichtet worden ist.

Es ist eines der seltenen Beispiele, die den später zu barocker Leibesfülle gewachsenen Barockkomponisten als jungen Mann zeigen. Selbstbewusst und überlebensgroß sitzt er da und man könnte meinen, ihm gehört der Marktplatz.

Bevor er 1984 aufgestellt wurde, hatten die Arnstädter bereits eine andere Persönlichkeit geehrt, man ahnt es, wenig überraschend: Otto von Bismarck. 1909 war ein Bismarck-Brunnen eingeweiht worden, dessen aufwendige und originelle Bronze-Figuren sich von anderen Bismarck-Brunnen deutlich unterschieden.

Der Brunnen überstand die Weltkriege, aber nicht die DDR. Während die Aufbauten eingelagert wurden, verschwand in den 1950er Jahren das Brunnenbecken. Nach 1990 tauchten die Bronze-Kunstwerke wieder auf, der Brunnen ist aber bis heute nicht wieder errichtet. Ob das überhaupt geschieht, bleibt mit nüchterner wissenschaftlicher Distanz abzuwarten. Schließlich ist der Umgang mit den ehemaligen Bismarck-Orten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR höchst unterschiedlich, wie BISMARCKIERUNG dokumentiert.

Der Bildhauer des Bachdenkmals ist der Ansicht, seine Figur schließe urheberrechtlich andere Plastiken auf dem Arnstädter Markt aus. Das ist selbstbewusst gedacht: ein künstlerisches Ehrregime sticht gewissermaßen das andere.

Wie die Dinge sich also entwickeln, wird die Zeit zeigen und es wird wohl noch viel Wasser die Gera herunterfließen, bis die beiden Ikonen vielleicht einmal vereint vor dem Rathaus in Arnstadt stehen.

Wer vorher schon einen Bismarck-Ort in Arnstadt besuchen möchte, der muss nur die wenigen Schritte zum Ried gehen.

Im dortigen „Thüringer Kloß Hotel Fette Henne“ hat Bismarck mit einiger Wahrscheinlichkeit 1850 übernachtet. Daher ist er im Gegensatz zu den allermeisten Denkmälern einmal an einem authentischen Ort porträtiert. Mit einem launigen Zusatz. Der Genius Loci legt eine einfache Lösung der Lokalkontroverse nahe: Über Klößen und deftiger Sauce dürften Bach und Bismarck sich prächtig verstanden haben.