Königin Victoria von England und Irland (1819 – 1901), Gemälde von Henry Macbeth-Raeburn (1860 – 1947) nach einem Bildnis von Heinrich von Angeli (1840 – 1925), Öl/Leinwand, 1889, Bismarck-Museum Friedrichsruh (© Otto-von-Bismarck-Stiftung / Fotograf: Jürgen Hollweg)
Sie waren fast gleichaltrig, konnten sich auf drei Sprachen miteinander verständigen – Deutsch, Englisch und Französisch – und zählten zu den Persönlichkeiten, die Europa im 19. Jahrhundert prägten: die britische Königin Victoria (1819 – 1901) und Otto von Bismarck (1815 – 1898). Im Bismarck-Museum Friedrichsruh ist das großformatige Porträt der Monarchin zu sehen, das sie 1889 dem deutschen Reichskanzler schenkte.
Das Geschenk traf nach einer bewegten Phase der deutsch-britischen Beziehungen ein. Obwohl Großbritannien sich im 19. Jahrhundert in Friedenszeiten traditionell nicht vertraglich an einen Partner gebunden habe, wie in der Dissertation über „Deutsch-Britische Optionen“ von Jörg Femers nachzulesen ist, habe Bismarck der britischen Regierung in einer „informatorischen Voranfrage“ am 11. Januar 1889 ein zeitlich befristetes Bündnisabkommen vorgeschlagen. Vorgesehen gewesen sei ein gegenseitiger militärischer Beistand im Fall eines französischen Angriffs. Das Abkommen sollte im britischen Parlament ratifiziert, dem Reichstag aber nur bekanntgegeben werden. Premierminister Lord Robert Arthur Salisbury (1830 – 1903) habe auf dieses Angebot nicht geantwortet, weil es für Großbritannien nicht attraktiv gewesen sei, erläutert Femers, da sich Deutschland damit nicht von Russland distanziert hätte. – Mit dem Zarenreich konkurrierte Großbritannien seit dem Krimkrieg von 1853 – 1856 in der Balkanregion und in Zentralasien um Einflusssphären. Zugleich nahm es im Bündnissystem des Deutschen Reichs einen zentralen Platz ein. Das Interesse an Russland war also höchst gegensätzlich.
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