Bei schönstem Wetter haben wir am Sonntag, 23. Juni 2019, unser fünftes Sommerfest gefeiert, tatkräftig unterstützt von den Mitgliedern unseres Fördervereins. Unsere vielen Gästen freuten sich bei Kaffee und Kuchen, Würstchen vom Grill und Bismarck-Sekt über die Auftritte der Big Band „SWingS“ des Sachsenwald-Gymnasiums und der HipHop-Teens und -Kids des TSV Reinbek, stöberten auf unserem Büchertisch und an den Flohmarkt-Ständen, die rund um die Historischen Bahnhof aufgebaut waren. Eine besondere Attraktion waren die Zweiräder der Marke „Bismarck“, die in einer kleinen Ausstellung zu sehen waren und nun bis Mitte August unsere Dauerausstellung bereichern.
Bereits auf Hochglanz poliert sind die historischen Mopeds, die auf unserem Sommerfest am Sonntag, 23. Juni 2019 (14 bis 18 Uhr), eine besondere Attraktion sein werden. An uns ausgeliehen werden sie von „Bismarck-Zweiräder“, einer Interessengemeinschaft in Radevormwald, die sich diesen inzwischen sehr selten zu sehenden Zweirädern der einstigen „Fahrradwerke Bismarck GmbH“ verschrieben hat. Zu ihrem Namen ist die Marke 1896 allerdings nicht gekommen, weil der Reichskanzler a. D. besonders gerne geradelt wäre, sondern weil die Firmengründer seinen Mythos verkaufsfördernd nutzen wollten – wurden damals doch nicht nur viele Straßen und Plätze nach ihm benannt, sondern auch allerlei Gebrauchsgegenstände. Wir als Otto-von-Bismarck-Stiftung wollen mit diesen Zweirädern aus der Frühzeit des motorisierten Individualverkehrs zeigen, dass der historisch schwierigen Gestalt des Politikers Otto von Bismarck ein Mythos gefolgt ist, der lange im Alltagsleben der Deutschen präsent war.
Abgerundet wird unser Sommerfest unter anderem durch einen Flohmarkt, kostenlose Führungen durch das Bismarck-Museum und lustige Aktivitäten für Kinder. Die Big Band „SWingS“ des Gymnasiums Reinbek wird ihr musikalisches Können zeigen, tanzen werden die Hiphop Teens und Hiphop Kids des TSV Reinbek. Zum Auftakt des Nachmittages wird um 13 Uhr im Historischen Bahnhof die Kunstausstellung „Moments & Memories“ eröffnet, Leila Nik und Jürgen Laban zeigen ihre Gemälde und Zeichnungen.
Die Helgoländer wurden nicht gefragt, damals im Jahre 1890. Und tatsächlich wollten sie auch gar nicht unbedingt deutsche Staatsbürger werden, wie Jan Rüger, Professor für Geschichte an der University of London, in seinem Vortrag am 13. Juni 2019 im Historischen Bahnhof in Friedrichsruh erzählte – genossen sie doch als Bewohner einer britischen Kronkolonie viele politische und vor allem wirtschaftliche Vorteile, waren von der Steuer befreit und erhielten finanzielle Unterstützung aus England. Aber einmal auf das Schachbrett der Weltpolitik gerückt, wurde über das Schicksal der Inselbewohner in Berlin und London entschieden.
Unter dem Titel „Bismarcks Badewanne: Helgoland, Deutschland, England im 19. Jahrhundert“ erläuterte Jan Rüger die spannende Entwicklung, die zum Tausch von Sansibar gegen Helgoland führte: Versuchte Reichskanzler Otto von Bismarck zunächst durch Taktieren den Preis, den das Deutsche Reich für die Hochseeinsel zu zahlen hätte, niedrig zu halten, ging sein Amtsnachfolger Leo von Caprivi offensiver in die Verhandlungen und akzeptierte die Forderungen Englands, das seinen Machbereich in Afrika ausweiten wollte. Jan Rüger, der zu diesem Thema das Buch „Helgoland: Deutschland, England und ein Felsen in der Nordsee“ veröffentlicht hat, zeigte dabei auf, dass es für die Entwicklung der anglo-deutschen Beziehungen zu jeder Zeit verschiedene Möglichkeiten gegeben hat. Die Helgoländer profitieren jedenfalls bis heute von dem Gebietstausch: Da Queen Victoria sich um das Wohlergehen ihrer Untertanen, die sie ziehen lassen sollte, sorgte, wurden in den Tauschvertrag einige Klauseln eingefügt – und so kann man noch heute auf der einzigen deutschen Hochseeinsel zollfrei einkaufen.
Mit seinem Besuch des Bismarck-Museums in Friedrichsruh zeigte der chinesische Vize-Staatspräsident Wang Qishan Ende Mai, dass sein Land nicht allein an wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland interessiert ist. Zwar war der Blick während seines kurzen Besuchs in der Bundesrepublik vor allem auf das Ausloten der Möglichkeiten ausgerichtet, die „neue Seidenstraße“ weiter auszubauen – so hatte er zunächst den Hamburger Hafen besucht und mit führenden Vertretern der Stadt gesprochen. Aber anschließend fand Wang mit seiner Delegation, zu der drei Minister, der chinesische Botschafter in Berlin Shi Mingde und der Generalkonsul in Hamburg Du Xiaohui gehörten, auch Zeit, sich im Bismarck-Museum mit der deutschen Geschichte zu beschäftigten.
Nach einer Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden der Otto-von-Bismarck-Stiftung Dr. Rüdiger Kass präsentierte ihm Geschäftsführer Prof. Dr. Ulrich Lappenküper in einer kurzen Führung vor allem jene Exponate, die für die deutsch-chinesischen Beziehungen der Bismarck-Zeit von besonderer Bedeutung sind. Dazu zählt ein einzigartiges Schmuckstück: ein mit kunstvollen Schnitzereien verzierter Elefantenzahn, den Otto von Bismarck zu seinem 70. Geburtstags von der Kaiserin Cixi erhielt. Wang Qishan, der selbst einen Universitätsabschluss in Geschichte hat, interessierte sich auch für eine Lithografie, die die Eröffnung des Reichstags 1888 durch Wilhelm II. und damit einen Moment zeigt, in dem die Hohenzollern-Monarchie der Demokratie Raum gibt.
Mit seinem Besuch in Friedrichsruh folgte Wang Qishan den Spuren eines berühmten Landsmannes: Ein Jahr nach der Niederlage Chinas im Krieg gegen Japan stattete der General und Staatsmann Li Hongzhang dem Reichskanzler außer Diensten am 25. Juni 1896 einen im Bismarck-Museum ebenfalls dokumentierten Besuch ab. Neben dem Austausch von Freundlichkeiten ging es insbesondere um die Frage, wie das geschwächte politische System Chinas bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Modernisierung bewahrt werden könne. Auch die heutige Volksrepublik sieht sich vor die Herausforderung gestellt, die Stabilität ihres Herrschaftssystems bei gleichzeitiger Modernisierung der Wirtschaft zu bewahren.
Sein Interesse für die Bismarck-Zeit teilt der chinesische Vize-Staatspräsident übrigens mit vielen Menschen aus dem Reich der Mitte: Sie stellen die größte ausländische Besuchergruppe in Friedrichsruh.
Vor 200 Jahren wurde ein Monarchenpaar geboren, das eine Schlüsselrolle beim Überleben und bei der Neuerfindung der europäischen Monachie spielen sollte. Im Mai 1819 kam die spätere Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland (und Kaiserin von Indien) zur Welt, im August 1819 ihr späterer Ehemann Albert von Sachsen-Coburg und Gotha.
Einerseits inszenierten sich die seit 1840 Verheirateten als monarchische Familie. Anderseits knüpfte das öffentliche Rollenmodell des Paars an bürgerliche Sehgewohnheiten an und prägte diese tiefgreifend. Vor allem die trauernde Witwe drückte einer ganzen Epoche den Stempel auf: Dem victorianischen Zeitalter.
Vom Regierungsatritt der jungen Victoria 1837 bis zu ihrem Tod 1901 sah sie die Premierminister kommen und gehen, das Empire wachsen und die sozialen Spannungen steigen. Auf dem Kontinent konnten nur der österreichische Kaiser Franz Joseph (reg. 1848 bis 1916) und Otto von Bismarck (reg. 1862/1871 bis 1890) auf ähnlich lange Zeiten an der Staatsspitze zurückschauen.
Victoria und Albert waren in vielfacher Hinsicht ein britisch-deutsches Paar (auf unserem Bild ist Victoria 1844 mit ihrer gleichnamigen Tochter, der späteren Mutter Kaiser Wilhelms II. zu sehen). Daher sammelt die deutsche Botschaft in London die zahlreichen Aktivitäten, mit denen gegenwärtig an Victoria und Albert erinnert wird. Wer also eine Reise ins politisch gebeutelte UK plant, kann sich hier über Ausstellungen und vieles mehr informieren. Es gibt tatsächlich Neues, Privates zu entdecken.
Wir sagen: Alles Gute zum 200. – whatever the weather!
Im Rahmen des London Review of Books Winters hat unser wissenschaftlicher Beirat Christopher Clark einen Vortrag über die 1848er-Revolutionen gehalten.
Einen Mitschnitt gibt es bei youtube. Wir empfehlen diese lehrreiche und rhetorisch brillante Stunde mit Sir Christopher.
Es müssen ja nicht immer Tatorte aus Münster oder Miniserien bei Netflix sein!
Meist habe „Bismarck“ nur faul in der Sonne gelegen und stellte eher für Schildkröten als für Menschen eine Gefahr dar: Die Rede ist nicht vom einstigen Reichskanzler, sondern von einem australischen Salzwasserkrokodil, das nach Otto von Bismarck benannt wurde. Das Tier fiel nun Wilderern zum Opfer, wie der Bayerische Rundfunk berichtet.
Umbenennungen von Verkehrsflächen im öffentlichen Raum sind nichts Neues. Nach Systemwechseln werden sie im großen Stil durchgeführt. Man denke nur an den Personenkult im Dritten Reich und in der DDR und sein jeweiliges Verschwinden nach dem Ende der Diktaturen.
In unaufgeregteren Zeiten wird über Umbenennungen immer dann in Gemeindegremien diskutiert, wenn nach dem Tod einer ehrenwerten Person der Ort gesucht wird, der den Verdiensten gerecht wird. Im SPD-regierten Leipzig der 1990-ger Jahre bekam Willy Brandt auf diese Weise einen Platz in der Innenstadt, Konrad Adenauer wurde hingegen an die Peripherie verwiesen. In München heißt der Flughafen nach dem legendären CSU-Landesvater, Hamburg hat an gleicher Stelle für Helmut Schmidt nachgezogen, nur die Berliner Namensweihe für den Bürgermeister Brandt lässt auf sich warten. Darüber könnte man sich aufregen.
Aufregungen gibt es aber auch auf anderen Feldern. In die Kritik geraten sind nämlich etliche Benennungen nach Figuren aus dem Kaiserreich. Anlass ist die Verstrickung in koloniale Verbrechen bei einst als Forscher, Entdecker oder Kriegsherren geschätzten Personen. In etlichen deutschen Städten sind Paul von Lettow-Vorbeck und Lothar von Trotha verschwunden, weil man ihre Taten heute als Untaten bewertet. Etliche andere Namen sind in der Diskussion.
Zuletzt ist auch der vermeintliche Weltkriegsheld Hindenburg ins Zentrum einer solchen Kritik geraten. Seine unheilvolle Rolle als Reichspräsident am Ende der ersten deutschen Republik wird vielerorts als unverträglich mit dem demokratischen Grundverständnis der Gegenwart empfunden.
Münster und Kiel haben sich Hindenburgs entledigt. Bad Tölz ist einen anderen, deutlich differenzierteren Weg gegangen. Dort hat man Hindenburg die Ehrenbürgerwürde aberkannt, seinen Namen hingegen nicht von der prominent gelegenen Straße in der Innenstadt getilgt. Wer sich anschauen möchte, wie mit historischem Sachverstand und politischem Augenmaß mit dem problematischen General umgegangen wird, kann das auf der dazugehörigen Projektseite tun. Oder den Koffer packen und sich die Dinge vor Ort anschauen. Die Vorteile eines Kurorts gibt’s zur historischen Bildung gratis dazu.
Im geruhsamen Zweibrücken (s. unser Bild) hat man ein entspanntes Verhältnis zum Bismarckdenkmal. Es wurde 1894 errichtet, steht also schon mehr als 120 Jahre ohne großes Aufsehen im Zentrum der einst bayerischen Stadt. Es hat aber auch turbulente Zeiten erlebt.
An seinem Standort am Herzogsplatz, in Sichtweite des Rathauses und des Landgerichts, zog es Anfang der 1970er-Jahre den Zorn von angereisten Protestlern auf sich. Diese kamen aus der 68er-Hochburg Frankfurt, um lautstark gegen einen Prozess am Landgericht zu demonstrieren, der dort gegen zwei Mitglieder der Black-Panther-Bewegung geführt wurde. Am Rande der Demonstrationen wurde die Bismarck-Statue erstiegen und mit Farbe beschmiert.
Zusätzlich wurde Bismarck ein Plakat mit der Aufschrift „100 Jahre Bismarck, hundert Jahre Ausbeutung, 100 Jahre Scheißdreck“ umgehängt – immerhin, das Datum der Reichsgründung war den Bürgersöhnen noch bekannt. Beherzte Zweibrückener nahmen es dann ab, der Prozess ging zu Ende, die Frankfurter Spontis fuhren heim und der Pulverdampf verzog sich.*
Nun erfährt der Zweibrückener Bismarck wieder eine Aneignung ganz eigener Art. Friedlich und ohne Schaum vor dem Mund wird er seit einer Woche von Abiturienten des Zweibrückener Helmholtz-Gymnasiums täglich neu eingekleidet. Die Kleider-Wahl ist, nun ja, gewagt. Und eine Kollektion verschwand auch schon über Nacht. Ob sich wie vor 50 Jahren ein empörter Bürger der Stadt an dem Anblick gestört hat?
Wir empfehlen: Locker bleiben und die Kunstaktion als solche betrachten. Und im Anschluss vielleicht ein wenig über Bismarck und die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts nachdenken.
*Siehe zu den linksradikalen Hintergründen und Verbindungen zur ostdeutschen Staatssicherheit: Jochen Staadt, Die Flucht des Schwarzen Panthers. Im Kofferraum von Frankfurt via GÜST-Marienborn nach Afrika, in: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat 24 (2008), S. 86-95, Zitat S. 93.
Endlich sind sie da: 94 neu erworbene Ehrenbürgerbriefe für Bismarck! Einst sind sie Bismarck von Städten und Gemeinden aus ganz Deutschland als kunstvoll gestaltete Urkunden der verliehenen Ehrenbürgerwürden geschenkt worden. Nun kehren sie nach Friedrichsruh zurück.
Nach Bismarcks Tod 1898 wurden der Großteil der Ehrenbürgerbriefe im Bismarck-Museum in Schönhausen ausgestellt bzw. magaziniert. Während der sowjetischen Besatzung wurden sie wie viele andere Objekte verstreut. Ein Teil blieb im Besitz der Familie und gelangte ins Bismarck-Museum in Friedrichsruh, ein anderer Teil wurde in Wernigerode im „Feudalmuseum“ der DDR aufbewahrt.
Diese 94 Objekte sind nach ihrer Restitution an den Familienverband der Nachkommen Otto von Bismarcks durch Mittel der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien für die Otto-von-Bismarck-Stiftung angekauft worden und heute hier eingetroffen. Der Bestand ist nach Jahrzehnten wieder zusammengeführt.
Wir freuen uns über diese Rückkehr nach Friedrichsruh, die einen bedeutenden Zuwachs unserer Bestände bedeutet. Wen stört da der graue Himmel über dem Sachsenwald?!