Unser Kalender zeigt im September den Druck „Bismarck in Versailles“ nach einem Gemälde von Carl Wagner (1887), Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 691.

Die Errichtung eines deutschen Nationalstaates wurde von den neutralen Mächten noch als legitimes Ergebnis des Deutsch-Französischen Krieges betrachtet. Die zu Kriegsbeginn eher Preußen zugeneigte Haltung der Neutralen und der ausländischen öffentlichen Meinung änderte sich aber mit den Erfolgen der deutschen Truppen sowie mit der Verkündung der geplanten Annexion von Elsass-Lothringen. Otto von Bismarck wollte daher den Krieg so rasch wie möglich beenden, um eine Einmischung der anderen Großmächte in den Konflikt zu vermeiden.

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Die weißen Busse für den Transport der Häftlinge wurden vom schwedischen Roten Kreuz organisiert. Diese Aufnahme von Hans Lorenzen zeigt sie vor der Abfahrt in Friedrichsruh.

Getragen war dieser Vortrag von der großen Empathie, mit der sich Ulrike Jensen seit vielen Jahren ihrer Forschung zur Rettungsaktion „Weiße Busse“ widmet: Die Historikerin, die in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme für die politische Bildungsarbeit mit Jugendlichen zuständig ist, schilderte auf Einladung der Otto-von-Bismarck-Stiftung das Geschehen vor allem aus der Perspektive der damaligen Häftlinge. Schauplätze der Aktion im Frühjahr 1945 waren Friedrichsruh und das damalige KZ Neuengamme.

Der Vortrag war ursprünglich für den Mai dieses Jahres geplant und musste nach Ausbruch der Corona-Pandemie verschoben werden. Er gehört in die Reihe der Veranstaltungen, mit denen in Aumühle und Wohltorf an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren erinnert und zugleich das bisherige Gedenken kritisch reflektiert wird.

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Druck, Deutschland, 1870 – Material: Papier – Herkunft: Otto-von-Bismarck-Stiftung Friedrichsruh, Inventar-Nr.: He ZSg 073

Nach dem Sturz der spanischen Königin Isabella II. im September 1868 begann die neue Regierung umgehend mit der Suche nach einem neuen Herrscher für den vakanten Thron. Die unter Geheimhaltung erfolgten, zunächst aber stockenden Sondierungen führten schließlich im Februar 1870 zu einem erneuten Angebot der Regierung in Madrid an den katholischen, mit einer portugiesischen Prinzessin verheirateten Erbprinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, sich um die spanische Krone zu bewerben. Leopold besaß enge verwandtschaftliche Beziehungen zu Napoleon III. und sein Bruder Karl war mit Billigung des französischen Kaisers 1866 zum Fürsten von Rumänien erhoben worden. Somit erschien er der spanischen Regierung als geeigneter Kandidat. Napoleons Plazet sollte eingeholt werden, sobald Leopold sich zur Annahme der spanischen Krone bereit erklärt hatte.

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Skizze zum Gemälde „Le cimetière de Saint-Privat, le 18 août 1870“ von Alphonse-Marie-Adolphe de Neuville. Am Nachmittag des 18. August war es im Dorf Saint-Privat zu einer Schlacht gekommen, die mit einer Niederlage des 94. Linienregiments der französischen Armee endete.

In Friedrichsruh wird im kommenden Jahr mit einer Sonderausstellung an die Gründung des deutschen Nationalstaates vor 150 Jahren erinnert. Von Mai bis November 2021 lädt die Otto-von-Bismarck-Stiftung unter dem Titel „1870/71. Reichsgründung in Versailles. Ort – Ereignis – Gedächtnis“ dazu ein, sich mit der historischen Bedeutung des Schlosses von Versailles für die deutsch-französische Geschichte, mit dem Deutsch-Französischen Krieg, dem Reichsgründungsprozess sowie dem Nachwirken der Reichsgründung auseinanderzusetzen.

Die ersten Exponate sind bereits eingetroffen, so eine in verziertem Leder gebundene Sammlung von Porträtfotos mit dem Titel „Das ganze Deutschland soll es sein! 1870. Ein Gedenk-Album in 50 Photographien“ – von „König Ludwig II., König von Bayern“ bis zu „Fürst von Pless, Johanniter, Königlicher Commissar und Militair-Inspecteur der freiwilligen Krankenpflege“. Wer sich über den Ausbruch des Deutsch-Französischen Kriegs im Juli 1870 und das Kriegsgeschehen bereits vor der Ausstellungseröffnung informieren möchte, dem stehen die Angebote einiger deutscher und französischer Institutionen und Initiativen offen – für einen persönlichen Besuch oder im Internet.

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Plakat der Sonderausstellung, die 2016 in Friedrichsruh gezeigt wurde.

In der in den Print- und den sozialen Medien jüngst geführten Diskussion über Bismarcks Rolle in der deutschen und europäischen Kolonialpolitik und die darum gewachsene Erinnerungskultur ist gelegentlich auch nach relevanten Forschungs- und Vermittlungsaktivitäten der Otto-von-Bismarck-Stiftung gefragt worden.

Die Stiftung kommt dem Wunsch nach Informationen über ihre wissenschaftlichen Forschungen und historisch-politische Bildungsarbeit der letzten Jahre im Kontext der Kolonialpolitik des deutschen Kaiserreichs mit dem hier in chronologischer Reihenfolge verfassten Überblick gerne nach.

Publikationen

Otto von Bismarck, Gesammelte Werke (Neue Friedrichsruher Ausgabe), Abteilung III 1871-1898, Schriften Bde. 1-9, Paderborn u.a. 2004-2020 (mit zahlreichen Bismarck-Dokumenten zur Kolonialpolitik).

Ulrich Lappenküper, Ausgleich mit Frankreich? Bismarck und die deutsche Kolonialpolitik, in: Historische Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft 24 (2011), S. 177-205.

Winfried Speitkamp, Otto von Bismarck und die Kolonialpolitik – ein Ausweg aus der Wirtschaftskrise?, in: Michael Epkenhans/Ulrich von Hehl (Hg.), Bismarck und die Wirtschaft (Wissenschaftliche Reihe, Bd. 17), Paderborn u.a. 2013, S. 59-76.
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Unser Kalender zeigt im August die „Kaiserproklamation in Versailles, 18. Januar 1871″, Druck nach einem Gemälde von Anton von Werner (Schlossfassung), um 1900, private Leihgabe.

Mit den Novemberverträgen von 1870 traten Bayern, Württemberg, Baden und der südliche Teil des Großherzogtums Hessen dem Norddeutschen Bund bei, der kurzzeitig den Namen „Deutscher Bund“ tragen sollte. Dies hatte zur Folge, dass die Verfassung des Norddeutschen Bundes an die politische Entwicklung angepasst werden musste. Am 10. Dezember 1870 stimmte auch der Bundesrat als Vertretung der deutschen Bundesstaaten der neuen Verfassung zu, änderte aber die Staatsbezeichnung in „Deutsches Reich“ und die Bezeichnung des Staatsoberhauptes in „Deutscher Kaiser“. Da die Novemberverträge am 1. Januar 1871 in Kraft traten, gilt dieses Datum als formelles Gründungsdatum des Deutschen Reiches. Am 18. Januar 1871, dem 170. Jahrestag der Errichtung des preußischen Königtums, versammelten sich neben einer Reihe von Bundesfürsten eine Vielzahl von Heerführern sowie einige Vertreter des Reichstags im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles, um der Akklamation des Königs von Preußen zum deutschen Kaiser als dem repräsentativen und symbolischen Schlusspunkt der Reichsgründung beizuwohnen.
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Bernhard von Bismarck als junger Erwachsener (Reproduktion eines Gemäldes von E. Boltz, Bismarck-Museum)

„Lieber Bruder. In dieser scheußlichen Zeit muss man an alten Gewohnheiten festhalten, um sich mit ihr in Widerspruch zu setzen, und darum schreibe ich Dir einen feierlichen Gratulationsbrief zu Deinem Geburtstag. Möge Heil und Segen Dich auf allen Wegen u.s.w.“ Otto von Bismarck musste in diesem Brief vom 22. Juli 1848 nicht ausführen, was diese Zeit aus seiner Sicht so „scheußlich“ machte: Am 18. Mai 1848 hatten sich in der Frankfurter Paulskirche die Abgeordneten des ersten gesamtdeutschen Parlaments versammelt, um über eine freiheitliche Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats zu beraten. Die Brüder hatten zuvor als Abgeordnete im Ersten und Zweiten Vereinigten Preußischen Landtag die Anfänge des deutschen Parlamentarismus mitgestaltet, hielten aber treu zur preußischen Monarchie.

Bernhard von Bismarck wurde am 24. Juli 1810 in Schönhausen/Elbe geboren, fünf Jahre vor seinem Bruder Otto, 1827 kam ihre Schwester Malwine zur Welt. Er verlebte die ersten zehn Jahre seines Lebens auf dem Land, erst in Schönhausen/Elbe, dann auf dem pommerschen Gut Kniephof, bevor er nach Berlin in die Schule geschickt wurde. Sein kleiner Bruder Otto folgte – sechsjährig und unfreiwillig – ein Jahr später. Einige Jahre lebten sie in der elterlichen Stadtwohnung, betreut von einer Haushälterin und einem Hauslehrer, die Eltern waren nur in den Wintermonaten bei ihnen. Während der Vater Ferdinand in den verschiedenen Biografien Otto von Bismarcks als gutmütiger Mensch beschrieben wird, behandelte die Mutter Luise Wilhelmine ihre beiden Söhne mit großer Strenge. Dem 15jährigen Bernhard schrieb sie: „Ich muß es dir vorher sagen, daß, wenn dein Zeugnis zu Michaelis nicht vorzüglich gut ausfällt, du für den kommenden Winter nicht bei uns wohnst, und auch nur selten, und nie ohne [Schuldirektor] H. Plamanns Erlaubnis uns wirst besuchen dürfen.“

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Die Ausstellung lädt ein, über das historische Zusammenspiel von Krieg, Macht und Nation nachzudenken.

Welche Hoffnungen und Ziele verbanden die Menschen im 19. Jahrhundert mit der Idee der Nation? Welche Rolle schrieben sie den „Einigungskriegen“ zu? Diese Fragen ziehen sich als Leitmotiv durch die Ausstellung „KRIEG MACHT NATION. Wie das deutsche Kaiserreich entstand“, die vom 16. Juli 2020 bis zum 31. Januar 2021 im Militärhistorischen Museum Dresden zu sehen ist. Der Kurator Dr. Gerhard Bauer und die Kuratorin Katja Protte haben zusammen mit dem Direktor des Museums Dr. Armin Wagner dazu einen umfangreichen, reich bebilderten Katalog vorgelegt, der in Zeiten der Corona-Pandemie notfalls die Reise in die sächsische Hauptstadt (fast) zu ersetzen vermag.

„Angesichts von zwei Weltkriegen und dem Völkermord an den europäischen Jüdinnen und Juden wirkt das deutsche Kaiserreich weit entrückt, einer Epoche zugehörig, die oftmals als ‚gute alte Zeit‘ verklärt oder als Inbegriff von Militarismus und Nationalismus abgelehnt wird“, schreiben Bauer, Protte und Wagner einleitend. Dabei helfe ein differenzierter Blick auf diese Ära und ihre Menschen zu erkennen, „wie viele Entwicklungen im Zusammenhang mit Krieg, Nation und Fortschrittsglauben, die uns heute noch beschäftigen, damals ihren Ausgang nahmen“.

Sichtbar werden in Ausstellung und Katalog die vielen Beteiligten, die an der deutschen Reichsgründung politisch mitwirkten, dafür in den drei „Einigungskriegen“ kämpften oder aber für einen friedlichen Weg plädierten und daher weder Geld noch Leben einsetzen wollten. Zwei der herausragendsten Persönlichkeiten, die für völlig gegensätzliche politische Wege standen, ist ein eigenes Kapitel gewidmet: Bismarck und Bebel.

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Unser Kalender zeigt im Juli „Die Deputation des Reichstags übergibt die Adresse im Schlosse zu Versailles am 18. Dezember“, Holzstich (Faksimile) nach einer Skizze von Fritz Schulz (1871), Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2494.

Am 18. Dezember 1870 empfing König Wilhelm I. im Schloss Versailles eine Abordnung des Reichstags des Norddeutschen Bundes unter Leitung des Reichstagspräsidenten Eduard Simson. Die Delegation bat im Namen des Parlaments den preußischen Monarchen, die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Diese Szene wird von dem Maler Friedrich „Fritz“ Schulz (um 1823 – 1875) wiedergegeben. Schulz war als Kriegszeichner Augenzeuge der Ereignisse in den „Einigungskriegen“ von 1864, 1866 und 1870/71. Neben Simson, ein Redemanuskript in den Händen haltend, und Wilhelm I. sind auf dem Holzstich die Parlamentsmitglieder, einige deutsche Fürsten sowie Helmuth von Moltke, Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen und Otto von Bismarck zu erkennen.

Simson war schon 1849 Mitglied der Deputation der deutschen Nationalversammlung gewesen, die König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserkrone angeboten hatte. Anders als sein Bruder, der damals die ihm angetragene Krone zurückgewiesen hatte, war Wilhelm I. bereit, trotz persönlicher Vorbehalte den Kaisertitel anzunehmen.

Sowohl der Reichstag als auch die Volksvertretungen der dem Norddeutschen Bund im Rahmen der Novemberverträge von 1870 beigetretenen süddeutschen Staaten waren am Reichsgründungsprozess aktiv beteiligt. So bedurften die Novemberverträge der Zustimmung der genannten Parlamente, zudem musste die Verfassung des Norddeutschen Bundes aufgrund dieser Entwicklung geändert werden, was der Reichstag des Norddeutschen Bundes am 10. Dezember 1870 mit großer Mehrheit billigte. Die parlamentarische Zustimmung zu den Novemberverträgen (lediglich der bayerische Landtag votierte mit zeitlicher Verzögerung für das Vertragswerk) war ein entscheidendes Moment für Wilhelm I., den Kaisertitel anzunehmen. Da im weiteren Verlauf die „Verfassung des Deutschen Bundes“ vom 1. Januar 1871 noch einmal angepasst werden musste, wurde am 16. April die „Verfassung des Deutschen Reiches“ verkündet, die mehrheitlich vom Reichstag des neugegründeten Deutschen Reiches angenommen wurde.

Felix Ekberg (l.) interviewte Prof. Dr. Ulrich Lappenküper über den zeitgemäßen Umgang mit dem historischen Bismarck-Denkmal in Hamburg. (Foto: Matthias Fischer)

In der aktuellen Debatte über Deutschlands historische Rolle als Kolonialmacht sind Stimmen laut geworden, die den Sturz der Bismarckdenkmäler und die Umbenennung von Bismarckstraßen fordern. In dieser stark verkürzten und die Geschichte verzerrenden Argumentation dient der erste Reichskanzler als eine Symbolfigur für Rassismus. Diese Zuschreibung wird damit begründet, dass er nach langer Ablehnung schließlich 1882 doch dem deutschen Erwerb von Kolonialbesitz zugestimmt hatte.

In Hamburg konzentriert sich die Diskussion derzeit vor allem auf die von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossene Sanierung des Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark. Bleicherhaus e.V., eine Institution der politischen Bildungsarbeit in der Hansestadt, hat nun auf YouTube zu diesem Thema drei Videos hochgeladen, mit denen die gesamte Auseinandersetzung auf eine breiter fundierte Basis gestellt wird. Nach einer kurzen Einleitung im ersten Video „Bismarck: Vater der deutschen Nation oder konservativer Sozialistenfeind?“ vermittelt zunächst Ulrich Hentschel einen Überblick über die Politik des ersten Reichskanzlers, wobei insbesondere die Bezüge zu Hamburg betont werden. Bismarck wird als „Doppelstratege“ vorgestellt, für den die Sozialistengesetze und die Sozialgesetzgebung keinen Widerspruch bedeuteten. Hentschel erinnert unter anderem auch an die bedeutende Rolle Hamburger Kaufleute, allen voran von Adolph Woermann, die den Kolonialerwerb vorantrieben und dafür beim ersten Reichskanzler massiv lobbyierten.

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