Darstellung der Schlacht bei Bornhöved im Jahr 1227 in der Sächsischen Weltchronik (14. Jahrhundert).

Schleswig-Holstein und das Herzogtum Lauenburg: Zwei Geschichten oder eine? – Eine eindeutige Antwort auf diese Frage ist unmöglich, wie Prof. Dr. Oliver Auge (Universität Kiel) in seinem Abendvortrag aufzeigte. Dieser fand als Kooperationsveranstaltung mit der Stiftung Herzogtum Lauenburg online statt und stieß durch die Unabhängigkeit von Wetter und Pandemie auf eine sehr erfreuliche Resonanz.

Oliver Auge ist Direktor der Abteilung Regionalgeschichte mit Schwerpunkt Schleswig-Holstein am Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie Autor und (Mit-)Herausgeber verschiedener regionalgeschichtlicher Publikationen. Für seinen Vortrag schöpfte er aus dem reichen Fundus seiner langjährigen Forschungsergebnisse. Am Beispiel ausgewählter historischer Ereignisse zeigte er auf, dass die Eingliederung des Herzogtums Lauenburg 1876 in die preußische Provinz Schleswig-Holstein keineswegs der zwangsläufige Schlusspunkt einer längeren Entwicklung war. Tatsächlich habe im Landkreis noch Jahrzehnte Unsicherheit darüber geherrscht, wohin man gehöre: 1946 sei in Mölln diskutiert worden, ob man sich statt dem neuen Bundesland Schleswig-Holstein nicht besser Niedersachsen angliedern solle. Es war der ferne Nachhall der eigenen Geschichte, die lange von askanischen und welfischen Herzögen geprägt wurde.

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Unser Wandkalender zeigt in diesem Jahr das historische Friedrichsruh. Im Februar ist eine Aufnahme von Gebäuden der Kupfermühle im Sachsenwald zu sehen (Strumper & Co., Hamburg, 1884).

Mühlen begründeten einst den Wirtschaftsstandort Friedrichsruh. Im Jahr 1598 wurde im westlichen Ortsteil eine Papiermühle gebaut, die nötige Energie lieferte die aufgestaute Schwarzen Au – noch heute befindet sich an der Stelle der Schlossteich. Die weitere Nutzung folgte den sich verändernden Aussichten auf Profit, den es zu erwirtschaften galt: Alle Mühlen der Gegend waren landesherrschaftliche Einrichtungen und jeweils verpachtet. 1758 wurde die Papiermühle aufgegeben, an ihre Stelle trat ein Eisenwerk, aus dem 1812 eine Tuchfabrik wurde. Um 1860 schließlich wurde dieser Standort aufgegeben.

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Im ersten Paragrafen des Vertrags, den Otto von Bismarck mit Adolf Kröner abschloss, heißt es: „Fürst von Bismarck beabsichtigt, Erinnerungen aus seinem Leben im Umfange von sechs Bänden herauszugeben, deren jeder ungefähr die durchschnittliche Ausdehnung der Bände des Poschinger’schen Bundestagswerks erhalten soll.“ Da der Umfang dieser Bände zwischen 200 und fast 400 Seiten schwankte, war Bismarck durch diese Regelung nur wenig eingeschränkt. (© Otto-von-Bismarck-Archiv Friedrichsruh, M 25)

Im Frühjahr 1890 wurde der Unternehmergeist zahlreicher Verleger von der Aussicht beflügelt, dass Otto von Bismarck die Veröffentlichung seiner Memoiren plane. Über 40 Publikationsangebote und Anfragen, die Übersetzungsrechte zu erwerben, trafen innerhalb weniger Wochen in Friedrichsruh ein. Das Rennen entschied schließlich Adolf Kröner für seine Cotta’sche Buchhandlung, am 6. Juli 1890 wurde der Vertrag unterzeichnet. Bismarck hatte damit einem der, wenn nicht dem namhaftesten Verleger seiner Zeit den Vorzug gegeben.

Adolf Kröner, der vor 110 Jahren, am 29. Januar 1911, wenige Wochen vor seinem 75. Geburtstag verstorben ist, hatte als junger Mensch zunächst gar nicht vor, sein Leben den Büchern zu widmen. Nach dem Abitur zog es ihn 1853 nach Paris, wo er ein Gesangsstudium begann. Seine Pläne, Opernsänger zu werden, gab er aber bald wieder auf und wechselte nach Leipzig, um sich in einer Schauspielausbildung zu versuchen. Aber auch dieses Vorhaben verfolgte er bald nicht weiter. 1855 ging er zurück in seine Geburtsstadt Stuttgart und wurde Lehrling in einer Buchhandlung. Einige Monate später siedelte er für einige Zeit nach München über. Dort sammelte er in einer Universitätsbuchhandlung nicht nur weitere Berufserfahrungen. Er kam auch mit dem Dichterkreis „Krokodile an den Gewässern des heiligen Teiches“ in Berührung, der einem humorvoll-geistreichem Treiben huldigte, wie in einer 1925 erschienenen biografischen Beschreibung nachzulesen ist: In diesem Umfeld habe er Kontakte geknüpft, die er viel später als Verleger noch zu schätzen gewusst habe.

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Teilkolorierter Druck, Deutschland, 1919, Papier, Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: K 2018/002

Am 19. Januar 1919 fanden im Deutschen Reich die Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung statt. Im Vorfeld hatten sich insbesondere im bürgerlichen Lager aus den alten Parteien des Kaiserreichs neue Gruppierungen gebildet. Im Grundsatz blieb aber das überkommene Parteiensystem erhalten.

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Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871), Anton von Werner, Öl auf Leinwand, 1885. Bismarck-Museum Friedrichsruh (© Otto-von-Bismarck-Stiftung / Fotograf: Jürgen Hollweg)

Wir schreiben den 18. Januar 1871. Während im nahen Paris französische Truppen einen letzten Durchbruchsversuch aus der seit Monaten belagerten Hauptstadt vorbereiten, setzt sich in Versailles gegen zehn Uhr früh ein illustrer Zug mit deutschen Fahnenträgern, Ehrenwachen und dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm von der Präfektur aus in Richtung Schloss in Bewegung. Beim Eintritt in den Vorhof stimmt ein Musikkorps das Lied „Was ist des Deutschen Vaterland“ von Ernst Moritz Arndt an. Wenig später trifft Preußens König Wilhelm I. ein und lässt sich von seinem Sohn in den Spiegelsaal geleiten, wo sie von einer erlauchten Schar deutscher Fürsten bereits erwartet werden. Nach einem kurzen Militärgottesdienst hält der König von einem Hochtritt aus eine knappe Ansprache, rühmt die „Wiederherstellung des Deutschen Reiches“ am 1. Januar und erklärt sich bereit, die ihm soeben angetragene „deutsche Kaiserwürde“ anzunehmen. Sodann nimmt er unter lautem Jubelruf die Glückwünsche der Festgemeinde entgegen.

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Das zeitgenössische Schaubild zeigt Einnahmen, Ausgaben und Leistungen der Sozialversicherungen des Deutschen Reiches in den Jahren von 1885 bis 1909. Zu sehen ist diese Darstellung in der Dauerausstellung „Otto von Bismarck und seine Zeit“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh. (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

Was hat ein häufig als monarchischer Obrigkeitsstaat bezeichnetes politisches System mit Demokratie zu tun? Diese Frage stellt Markus Lang in seiner Einleitung zu einem lesenswerten Sammelband, in dem die Forschungen zum Kaiserreich und zur deutschen Demokratiegeschichte ertragreich miteinander verbunden werden. Die gerade erschienene Aufsatzsammlung ist Ergebnis der Online-Tagung „Einigkeit und Recht – doch Freiheit?“, zu der die Otto-von-Bismarck-Stiftung in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Orte der Demokratiegeschichte, der Forschungsstelle Weimarer Republik der Universität Jena und Weimarer Republik e.V. eingeladen hatte. 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzten im Oktober 2020 diese Möglichkeit, sich mit Blick auf den nahenden 150. Jahrestag der Reichsgründung 1871 über neue Forschungsansätze und Erkenntnisse auszutauschen.

Die Antworten auf die eingangs gestellte Frage zeichnen ein facettenreiches Bild der Rolle, die das Kaiserreich in der deutschen Demokratiegeschichte spielt. Die Beiträge sind fünf Themenbereichen zugeordnet, die die unterschiedlichen Ebenen von der Kommune bis zur Reichsregierung ebenso in den Blick nehmen wie die verschiedenen Akteure: Verfassung und politisches System; Massendemokratie und Gesellschaft, Parlament und Parteien; Kommunalpolitik und Demokratie; Intellektuelle und religiöse Milieus sowie Erinnerungskultur.

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Unser Wandkalender zeigt in diesem Jahr das historische Friedrichsruh. Ein Foto aus dem Jahr 1884 eröffnet den Zyklus: Zu sehen ist das Wohnhaus Otto von Bismarcks, aufgenommen von Strumper & Co., Hamburg.

Als Kaiser Wilhelm I. im Jahr 1871 seinem Reichskanzler den Sachsenwald schenkte, wartete auf Otto von Bismarck und seine Familie damit noch kein neues Zuhause: Friedrichsruh war kein Bestandteil des Geschenks. Bismarck musste zunächst nach einem Domizil Ausschau halten und wurde schließlich fündig und handelseinig: Er kaufte das Hotel-Restaurant „Frascati“ und weitere Gebäude. Der kleine Ort lag für ihn perfekt mitten im Wald und zugleich mit einem eigenen Bahnhof ausgestattet direkt an der Bahnlinie Hamburg-Berlin.

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Deschler (Medailleur), Deutschland, um 1870, Weißmetall (Zinn), Höhe: 4 mm, Durchmesser: 46 mm, Gewicht: 31g, Otto-von-Bismarck-Stiftung Friedrichsruh, Inventar-Nr.: M 2017/002

Nach dem Sieg der deutschen Truppen und der Gefangennahme Kaiser Napoleons III. bei Sedan sowie der folgenden Errichtung der Republik in Frankreich zogen sich die Kämpfe weiter hin, denn auch die provisorische Regierung der Republik setzte den Waffengang weiter fort. Doch ihr gelang es trotz aller militärischen und diplomatischen Anstrengungen nicht, das Kriegsglück zu wenden. Mitte September 1870 wurde die französische Hauptstadt sogar von den deutschen Streitkräften eingeschlossen. Erste Unterhandlungen zwischen dem neuen französischen Außenminister Jules Favre mit Otto von Bismarck über einen Waffenstillstand scheiterten. Während die Deutschen Paris belagerten, eröffnete der Bundeskanzler Verhandlungen mit Vertretern Badens, Württembergs, Hessen-Darmstadts sowie Bayerns über einen Beitritt dieser Staaten zum Norddeutschen Bund. Mit den sogenannten Novemberverträgen vom 15. (Baden und Hessen), 23. (Bayern) und 25. November (Württemberg) wurde dieser vollzogen – der entscheidende Schritt hin zum gesamtdeutschen Nationalstaat war getan.
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Dominic Cummings war einer der maßgeblichen Strategen der „Vote Leave“-Kampagne, die das Brexit-Referendum knapp für sich entscheiden konnte. Boris Johnson sei dabei nur seine Marionette gewesen, lautete ein Vorwurf seiner Kritiker. Das Foto zeigt sie als Puppenspieler und Puppe, aufgenommen auf einer Anti-Brexit-Demonstration am 19. Oktober 2019 in London (Bildnachweis s.  u.).

Vor wenigen Tagen ereignete sich in Großbritannien ein kleines politisches Erdbeben: Von den einheimischen Medien hautnah verfolgt, räumte Dominic Cummings sein Büro in der Downing Street No. 10. Was Stephen Bannon für US-Präsident Donald Trump und Wladislaw Surkow für Russlands Präsident Wladimir Putin, das war Cummings für Boris Johnson – der einflussreichste Berater, vielleicht auch Chefideologe und Spindoctor des britischen Premierministers. Die in der deutschen Presse eher als Randnotiz vermerkte Nachricht reizt zu einer tiefgründigeren Betrachtung: sowohl wegen Cummings‘ geistiger Nähe zu Bismarck als auch aufgrund seiner sehr eigenwilligen Art, Lehren aus der Geschichte zu ziehen. Aus diversen Blog-Beiträgen von Cummings wissen wir, dass der Namensgeber der Otto-von-Bismarck-Stiftung für ihn ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Inspirator seines politischen Denkens und Handelns war. Welches Bismarck-Bild können wir Cummings‘ digitalen Essays entnehmen? Wie glaubte er, sich Bismarck’scher Handlungsmaximen bedienen zu dürfen? Und in welchem Maße sollten wir seinen Antworten auf die Frage folgen, wie Reflexionen über die Vergangenheit uns in der Gegenwart zu helfen imstande sind?

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Unser Kalender zeigt im Dezember den Druck „Heil Dir im Siegerkranz (16. Juni 1871)“ nach dem Gemälde „Einzug durch Brandenburger Tor 1871“ von Wilhelm Camphausen (um 1880), Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 693.

Wie schon 1864 und 1866 wurde Preußens Hauptstadt Berlin nach dem Sieg über Frankreich im Frühsommer 1871 Schauplatz eines besonderen militärischen Spektakels. Die Stadt bereitete sich auf den Empfang der siegreichen Truppen vor – und putzte sich entsprechend heraus: Straßen und Gebäude wurden mit Eichenlaub, Lorbeerkränzen, Teppichen sowie Blumen- und Girlandenschmuck versehen, Flaggenmasten und Wappenschilde aufgestellt. Am 16. Juni marschierte das siegreiche preußische Heer in Berlin ein, vertreten durch Garderegimenter und Abordnungen der anderen Truppenteile. Denkmäler, Ehrenbögen, Ehrensäulen, allegorische Darstellungen und andere Kunstwerke, Inschriften, Beutewaffen sowie Truppenfahnen säumten die via triumphalis vom Tempelhofer Feld über das Brandenburger Tor bis hin zum Lustgarten und zum königlichen Schloss. Am Abend wurden die geschmückten Straßen und Gebäude sogar festlich beleuchtet. Entlang dieser Strecke waren die Berliner, auswärtige Besucher sowie die Vertreter von Verbänden und Vereinen, nach gesellschaftlicher Stellung und Berufsstand geordnet, aufgestellt worden, um für die vorbeiziehenden Soldaten jubelnd und Taschentücher schwenkend Spalier zu stehen. Andere verfolgten das Spektakel von den Fenstern und den Dächern der Häuser oder von voll besetzten Tribünen aus. Marschmusik, Glockengeläut sowie der Jubel der Massen begleiteten den Einzug des siegreichen Heeres.

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