Wie schon 1864 und 1866 wurde Preußens Hauptstadt Berlin nach dem Sieg über Frankreich im Frühsommer 1871 Schauplatz eines besonderen militärischen Spektakels. Die Stadt bereitete sich auf den Empfang der siegreichen Truppen vor – und putzte sich entsprechend heraus: Straßen und Gebäude wurden mit Eichenlaub, Lorbeerkränzen, Teppichen sowie Blumen- und Girlandenschmuck versehen, Flaggenmasten und Wappenschilde aufgestellt. Am 16. Juni marschierte das siegreiche preußische Heer in Berlin ein, vertreten durch Garderegimenter und Abordnungen der anderen Truppenteile. Denkmäler, Ehrenbögen, Ehrensäulen, allegorische Darstellungen und andere Kunstwerke, Inschriften, Beutewaffen sowie Truppenfahnen säumten die via triumphalis vom Tempelhofer Feld über das Brandenburger Tor bis hin zum Lustgarten und zum königlichen Schloss. Am Abend wurden die geschmückten Straßen und Gebäude sogar festlich beleuchtet. Entlang dieser Strecke waren die Berliner, auswärtige Besucher sowie die Vertreter von Verbänden und Vereinen, nach gesellschaftlicher Stellung und Berufsstand geordnet, aufgestellt worden, um für die vorbeiziehenden Soldaten jubelnd und Taschentücher schwenkend Spalier zu stehen. Andere verfolgten das Spektakel von den Fenstern und den Dächern der Häuser oder von voll besetzten Tribünen aus. Marschmusik, Glockengeläut sowie der Jubel der Massen begleiteten den Einzug des siegreichen Heeres.
Die Blätter des Kalenders aus dem Jahr 2020 zeigen Darstellungen des Deutsch-Französischen Kriegs aus dem Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung
Zentrale Bestimmungen des Vorfriedens von Versailles waren die Regelung der Kriegsentschädigung und die Abtretung der Provinz Elsass und eines Teils von Lothringen mit der Festung Metz. Es gelang den Unterhändlern der französischen Regierung bei den Friedensverhandlungen in Brüssel, die Kriegsentschädigung von sechs auf fünf Milliarden Francs zu senken, die Rückgabe der Festung Belfort zu erreichen und die Verhandlungen weiter in die Länge zu ziehen.
Angesichts der gescheiterten Ausbruchsversuche französischer Truppen aus dem belagerten Paris sowie der sich verschärfenden Nahrungsmittelkrise der Bevölkerung ersuchte die provisorische Regierung der Französischen Republik die Deutschen am 23. Januar 1871 um einen Waffenstillstand. Dieser wurde nach kurzen Verhandlungen am 28. Januar unterzeichnet und trat für Paris einen Tag später und für die Provinzen wenige Tage darauf in Kraft.
Die Errichtung eines deutschen Nationalstaates wurde von den neutralen Mächten noch als legitimes Ergebnis des Deutsch-Französischen Krieges betrachtet. Die zu Kriegsbeginn eher Preußen zugeneigte Haltung der Neutralen und der ausländischen öffentlichen Meinung änderte sich aber mit den Erfolgen der deutschen Truppen sowie mit der Verkündung der geplanten Annexion von Elsass-Lothringen. Otto von Bismarck wollte daher den Krieg so rasch wie möglich beenden, um eine Einmischung der anderen Großmächte in den Konflikt zu vermeiden.
Mit den Novemberverträgen von 1870 traten Bayern, Württemberg, Baden und der südliche Teil des Großherzogtums Hessen dem Norddeutschen Bund bei, der kurzzeitig den Namen „Deutscher Bund“ tragen sollte. Dies hatte zur Folge, dass die Verfassung des Norddeutschen Bundes an die politische Entwicklung angepasst werden musste. Am 10. Dezember 1870 stimmte auch der Bundesrat als Vertretung der deutschen Bundesstaaten der neuen Verfassung zu, änderte aber die Staatsbezeichnung in „Deutsches Reich“ und die Bezeichnung des Staatsoberhauptes in „Deutscher Kaiser“. Da die Novemberverträge am 1. Januar 1871 in Kraft traten, gilt dieses Datum als formelles Gründungsdatum des Deutschen Reiches. Am 18. Januar 1871, dem 170. Jahrestag der Errichtung des preußischen Königtums, versammelten sich neben einer Reihe von Bundesfürsten eine Vielzahl von Heerführern sowie einige Vertreter des Reichstags im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles, um der Akklamation des Königs von Preußen zum deutschen Kaiser als dem repräsentativen und symbolischen Schlusspunkt der Reichsgründung beizuwohnen.
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Am 18. Dezember 1870 empfing König Wilhelm I. im Schloss Versailles eine Abordnung des Reichstags des Norddeutschen Bundes unter Leitung des Reichstagspräsidenten Eduard Simson. Die Delegation bat im Namen des Parlaments den preußischen Monarchen, die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Diese Szene wird von dem Maler Friedrich „Fritz“ Schulz (um 1823 – 1875) wiedergegeben. Schulz war als Kriegszeichner Augenzeuge der Ereignisse in den „Einigungskriegen“ von 1864, 1866 und 1870/71. Neben Simson, ein Redemanuskript in den Händen haltend, und Wilhelm I. sind auf dem Holzstich die Parlamentsmitglieder, einige deutsche Fürsten sowie Helmuth von Moltke, Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen und Otto von Bismarck zu erkennen.
Simson war schon 1849 Mitglied der Deputation der deutschen Nationalversammlung gewesen, die König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserkrone angeboten hatte. Anders als sein Bruder, der damals die ihm angetragene Krone zurückgewiesen hatte, war Wilhelm I. bereit, trotz persönlicher Vorbehalte den Kaisertitel anzunehmen.
Sowohl der Reichstag als auch die Volksvertretungen der dem Norddeutschen Bund im Rahmen der Novemberverträge von 1870 beigetretenen süddeutschen Staaten waren am Reichsgründungsprozess aktiv beteiligt. So bedurften die Novemberverträge der Zustimmung der genannten Parlamente, zudem musste die Verfassung des Norddeutschen Bundes aufgrund dieser Entwicklung geändert werden, was der Reichstag des Norddeutschen Bundes am 10. Dezember 1870 mit großer Mehrheit billigte. Die parlamentarische Zustimmung zu den Novemberverträgen (lediglich der bayerische Landtag votierte mit zeitlicher Verzögerung für das Vertragswerk) war ein entscheidendes Moment für Wilhelm I., den Kaisertitel anzunehmen. Da im weiteren Verlauf die „Verfassung des Deutschen Bundes“ vom 1. Januar 1871 noch einmal angepasst werden musste, wurde am 16. April die „Verfassung des Deutschen Reiches“ verkündet, die mehrheitlich vom Reichstag des neugegründeten Deutschen Reiches angenommen wurde.
Nach dem Sieg von Sedan und der Gefangennahme Napoleons III. glaubten die Deutschen, der Feldzug sei entschieden. Doch am 4. September 1870 wurde in Paris die III. Republik ausgerufen, und die neue republikanische Regierung setzte den Krieg fort. Im weiteren Verlauf des Feldzuges näherten sich deutsche Truppen Paris, das vom 17. bis zum 19. September eingeschlossen wurde. Eine bis in den Januar 1871 währende Belagerung der durch starke Befestigungen gut geschützten französischen Hauptstadt begann.
Naturgemäß rückten Maler und Zeichner auch führende Militärs in den Mittelpunkt ihrer Darstellungen. Der abgebildete Holzstich entstand nach einem 1873 von Anton von Werner gefertigten Gemälde. Auftraggeber war der Schleswig-Holsteinische Kunstverein zu Kiel, heute ist es in der Kieler Kunsthalle zu sehen. Vorbild war das Gemälde „Napoleon III. bei Solferino“ von Ernest Meissonier. Der Stich zeigt auf der linken Bildhälfte auf einer Anhöhe den Chef des Großen Generalstabs Helmuth von Moltke zu Pferde mit seinem Gefolge am 19. September 1870 vor Paris. Während Moltke aufrecht im Sattel sitzend auf das vor ihm liegende Terrain blickt, sind seine Mitarbeiter mit Gesprächen und dem Kartenstudium beschäftigt. General von Podbielski blickt zu Moltke auf und weist diesen auf etwas hin. Unterhalb des ausgestreckten Arms des Generals ist die Kuppel des Pariser Invalidendoms schemenhaft abgebildet. Die im Hintergrund sichtbaren Häuserreihen gehören zu den Ortschaften Sceaux und Chatenay. Im Vordergrund links macht ein Soldat aus einer Gruppe von Kriegern, die einen verlassenen französischen Lagerplatz durchstöbert, seine Kameraden auf Moltke aufmerksam. Auf der rechten Bildseite marschieren preußische Truppen auf einer Straße in Richtung Paris, die dem siegreichen Feldherrn zujubeln, was dessen Popularität unterstreicht. Am rechten Bildrand montieren Soldaten einen Telegraphenmast.
Der Holzstich vermittelt durch die herausgehobene Darstellung des in seine Arbeit vertieften und durch Helmuth von Moltke personifizierten Generalstabs dessen Position als maßgebliche und aktive Befehlszentrale des deutschen Heeres. Verstärkt wird diese Wahrnehmung durch die Errichtung des Telegraphenmastes, der auf die Nutzung moderner Kommunikationsmittel durch die preußisch-deutsche Militärführung verweist. Dass nicht nur preußische, sondern auch süddeutsche Soldaten auf dem Bild ihren Platz haben, belegt den gesamtdeutschen Charakter des Feldzuges. Der vermittelte Eindruck, Moltke habe am 19. September die militärischen Operationen zur Einschließung von Paris unmittelbar geleitet, ist unzutreffend, auch wenn er sich einige Tage nach der vollzogenen Blockade auf der betreffenden Anhöhe aufgehalten hatte.
Nachdem die Kapitulationsverhandlungen im Schloss Bellevue abgebrochen wurden und die französischen Bevollmächtigten nach Sedan zurückgekehrt waren, machte sich Kaiser Napoleon III., der mit seinen Truppen in Sedan eingeschlossen worden war, am frühen Morgen des 2. Septembers 1870 unter Begleitung einiger Adjutanten in einer Kutsche auf den Weg nach Donchery.
Nach dem Sieg der deutschen Truppen in der größten Schlacht dieses Krieges bei Gravelotte am 18. August 1870 zogen sich starke französische Verbände in die Festung Metz zurück. Zwei französische Armeen scheiterten nahe der Grenze zu Belgien mit dem Versuch, die Eingeschlossenen zu entsetzen. Der 3. und der 4. Armee gelang es in der Folge, rund 130.000 auf Metz vorrückende französische Soldaten bei Sedan einzukesseln. Die Schlacht von Sedan am 1./2. September 1870 endete mit einer vollständigen Niederlage der Franzosen.
Nach den ersten, unter hohen Verlusten errungenen deutschen Erfolgen bei Weißenburg, Wörth und den Spicherer Höhen gelang der 2. Armee unter dem Kommando des Prinzen Karl Friedrich von Preußen am 16. August 1870 in der Schlacht bei Mars-la-Tour / Vionville (auch Schlacht von Rezonville) ein erster entscheidender Sieg über das französische Heer. Im Verlauf der Schlacht wurden Einheiten der preußischen Garde-Kavallerie-Division zur Unterstützung bedrängter Infanterie mehrfach in den Kampf geworfen. Die Angriffe der Kavalleristen an verschiedenen Punkten des Geschehens brachten die französischen Truppen zum Stehen, dabei erlitten sie jedoch hohe Verluste. Beispielhaft erwähnt sei hier der „Todesritt der Brigade Bredow“, eine blutige Attacke der 12. Kavallerie-Brigade unter dem Befehl von Adalbert von Bredow.