Das besondere Exponat
Objekte aus der Sammlung der Otto-von-Bismarck-Stiftung
Obwohl er Preuße war, erfreute sich Reichskanzler a. D. Otto von Bismarck in den bürgerlichen Kreisen der Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz großer Beliebtheit. Vielerorts wurde sein 80. Geburtstag am 1. April 1895 gefeiert, die Städte Schwerin und Wismar verliehen ihm sogar die Ehrenbürgerwürde.
In wie vielen Geschichtsbüchern mag sie verewigt sein, die Szene, als Kaiser Napoleon III. am Tag nach der Schlacht von Sedan bei der preußischen Regierung um einen günstigen Waffenstillstand nachsuchte? „Ungewaschen und ungefrühstückt“, so erfahren wir aus einem Brief Otto von Bismarcks an seine Frau Johanna1, ritt der Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes am frühen Morgen des 2. September 1870 auf des Kaisers Bitte von seinem Quartier in Vendresse aus Richtung Sedan. Auf der Landstraße bei Donchéry, einem kleinen Ort an der Maas, trafen sie sich, der eine zu Pferd, der andere im offenen Wagen. Nach kurzer Wegstrecke kehrten sie in das Weberhäuschen der Madame Fournaise-Liban ein, kletterten über eine schmale Stiege in das niedrige Zimmer im ersten Stock und ließen sich zu ihren politischen Beratungen auf zwei gleichartigen „Binsenstühlen“ nieder. Einer der Stühle kündet noch heute im Bismarck-Museum Friedrichsruh von dem historischen Moment. Wie aber gelangte er in den Besitz Bismarcks? Dank eines Namenszuges auf der Lehne, einer Urkunde im Bismarck-Archiv und einiger Informationen und Zeitungsartikel, die uns der pensionierte niederländische Lehrer und Bibliothekar Jos Erdkamp hat zukommen lassen, können wir den Schleier lüften.
Diese Standuhr hat – zusätzlich zu ihrer Aufgabe, das Voranschreiten der Minuten und Stunden anzuzeigen – auch eine Zeit festgehalten: jene um den 1. April 1885. Otto von Bismarck wurde an diesem Tag 70 Jahre alt und der Kult, der sich um ihn entwickelte, unübersehbar. Es fanden Festveranstaltungen statt, Huldigungen wurden verfasst und Geschenke zum Wohnsitz des Reichskanzlers in Friedrichsruh geschickt. Dazu zählte auch eine eindrucksvolle Standuhr.