125. Todestag Otto von Bismarcks: Besucheransturm in Friedrichsruh

Die Eintrittskarten für das Bismarck-Mausoleum sind im Museum erhältlich – und so startete die Sonderführung dort mit einer ersten inhaltlichen Orientierung über Leben und Sterben Bismarcks in Friedrichsruh.

Für viele ist es zu einem ebenso interessanten wie entspannten Tag im Sachsenwald geworden: Zahlreiche Gäste besuchten alle drei Veranstaltungen, die die Otto-von-Bismarck-Stiftung zum 125. Todestag des ersten Reichskanzlers anbot. Die Pausen wurden im Wald verbracht, mit einem Picknick oder in einem der Restaurants in der Nähe.

Das Programm begann am Vormittag im Bismarck-Museum. Der Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz erläuterte bei einer öffentlichen Führung nicht nur wie angekündigt „Otto von Bismarcks Rolle in der deutschen Erinnerungskultur“, sondern beantwortete auch zahlreiche Fragen – der faktenreiche Rundgang dauerte damit fast doppelt so lange wie geplant. Insgesamt konnten an diesem Tag dort 120 Besucherinnen und Besucher gezählt werden, in der Dauerausstellung „Otto von Bismarck und seine Zeit“ nebenan im Historischen Bahnhof Friedrichsruh 119 .

Nikolaj Müller-Wusterwitz berichtete im Mausoleum von dem Wunsch Bismarcks, fernab des politischen Geschehens in Friedrichsruh bestattet zu werden.

Am Nachmittag nahmen 72 Gäste an der Sonderführung im Bismarck-Mausoleum teil, die Sitzreihen waren damit fast vollständig besetzt. Nikolaj Müller-Wusterwitz, der auch diese Führung übernommen hatte, erläuterte unter anderem Bismarcks Wunsch, in Friedrichsruh – und nicht in seinem Geburtsort Schönhausen oder in der Hauptstadt Berlin – bestattet zu werden, sowie die Baugeschichte dieser Grabkapelle. Die Fragen der Besucherinnen und Besucher bezogen sich vor allem auf die Geschichte der Familie von Bismarck. Es wurde vielfach die Gelegenheit genutzt, den Sarkophag in Augenschein zu nehmen und den Park des Mausoleums zu besuchen.

Dr. Jochen Thies betrachtete unter dem Titel „Wunsch und Wahrheit“ die aktuellen Bismarck-Debatten.

Mit „Wunsch und Wahrheit“ war der Vortrag betitelt, der um 17 Uhr im Historischen Bahnhof Friedrichsruh angeboten wurde. Vor 89 Gästen diskutierte Dr. Jochen Thies (Berlin) die aktuellen Debatten über Bismarck und das Deutsche Kaiserreich. Der Publizist, der unter anderem als Redenschreiber für Bundeskanzler Helmut Schmidt arbeitete und eine Familienbiografie der Bismarcks geschrieben hat, artikulierte dabei mit Blick auf den inneren Zusammenhalt der deutschen Gesellschaft seinen Sorgen. Er beurteilte es negativ, wenn kleine, meinungsstarke Gruppen beispielsweise Bismarck einseitig als Treiber der Kolonialpolitik herausstellten, um damit die öffentliche Debatte zu lenken. Zugleich bemängelte er, dass in Teilen der Politik die Haltung, Entscheidungen nicht unter Rückbezug auf die deutsche Geschichte treffen zu wollen, verbreitet sei. Als ein Anhaltspunkt diente ihm dafür die Umbenennung des Bismarck-Zimmers im Auswärtigen Amt in Berlin einschließlich der Abhängung des Bismarck-Porträts. Thies mahnte eine offene und kritische Debatte über Bismarck an, die ihn in all seinen Facetten als herausragende Persönlichkeit der deutschen und europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts erfasse und auch würdige. Er verwies dabei wiederholt auf die Gedenkkulturen in anderen europäischen Ländern, die die Staatsmänner ihrer Geschichte respektvoller behandelten, als Beispiele nannte er Winston Churchill und Charles de Gaulle. Besonders wichtig war es Thies, die Bedeutung der historisch-politischen Bildungsarbeit bei der Integration der Einwanderer zu betonen.

Abgerundet wurde der Tag mit einem geselligen Umtrunk im Historischen Bahnhof Friedrichsruh.