Vielfalt und Widersprüchlichkeit im Kaiserreich. Ausblick auf die Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2023

Stiftungssitz und Veranstaltungsort: der Historische Bahnhof Friedrichsruh

„Vielfalt und Widersprüchlichkeit“ lautet der Titel eines im März geplanten Vortrags, diese Formel könnte aber auch als Überschrift für die übrigen Veranstaltungen der Otto-von-Bismarck-Stiftung im ersten Halbjahr 2023 dienen. In ihrer Gesamtschau werden sie einen Eindruck der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen vermitteln, die Deutsche im 19. Jahrhundert vorantrieben, zu verhindern versuchten oder auch nur erduldeten.

Zum Auftakt nehmen wir eine gute Tradition wieder auf. Zum ersten Mal nach der Corona-Pause laden wir zum 13. Januar gemeinsam mit dem Verein zur Förderung der Otto-von-Bismarck-Stiftung e.V. zum Neujahrsempfang ein. Den Festvortrag des Abends hält unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Ulf Morgenstern. Er stellt unter dem Titel „Ein blinder Fleck? Friedrichsruh als kolonialgeschichtlicher Erinnerungsort“ aktuelle Ergebnisse seiner Forschungen vor, die sich durch eine Verknüpfung lokalgeschichtlicher Ereignisse mit gegenwärtigen Debatten über die Vergangenheit Deutschlands als Kolonialmacht auszeichnen.

Am 26. Januar lenkt PD Dr. Christoph Lorke den Blick auf ein nur vordergründig privates Thema, Liebesbeziehungen und Eheschließungen. Wurden sie über nationale und kulturelle Grenzen hinweg eingegangen, erfuhren diese individuellen Lebensentscheidungen oftmals eine öffentliche Problematisierung. Die Ehepartner der „Ausländerehen“ im deutschen Kaiserreich lösten damit Debatten aus, die zu einem Wandel von Einstellungen und Werthaltungen führten.

Politische Gegensätze an der Spitze von Politik und Gesellschaft im Kaiserreich skizziert Susanne Bauer am 16. Februar am Beispiel des konfliktträchtigen Verhältnisses zwischen Kaiserin Augusta und Reichskanzler Bismarck. Dr. Nils Freytag nimmt am 9. März unter dem Titel Vielfalt und Widersprüchlichkeit“ die dynamische und spannungsreiche Zeit des Wilhelminischen Kaiserreichs in den Blick. Sie war geprägt u.a. von rasantem Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Migrationsbewegungen und den ersten Anfängen des Umweltschutzes. Zugleich genoss das Militärische Vorrang, zeigten sich neue Formen des Antisemitismus und wurde ethnischen Minderheiten und den Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe in Gesellschaft und Politik verwehrt.

Mit dem „Hamburger Bismarck-Vortrag“ rücken wir auch in diesem Jahr wieder die wissenschaftliche Analyse eines aktuellen Themas in den Mittelpunkt. Am 30. März erörtert Prof. Dr. Susanne Schröter im Warburg-Haus den politischen Islam und die Folgen dieser extremistischen Ideologie auf Deutschland.

Reformer, Förderer von Kunst und Kultur, Augenzeuge der Kaiserproklamation in Versailles: Am 27. April stellt Dr. Maren Goltz die Biografie von Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen vor und beleuchtet dabei Politik und Gesellschaft in einem thüringischen Duodezfürstentum. Am 25. Mai diskutiert Prof. Dr. Christian Jansen ein zentrales Ereignis der deutschen Demokratiegeschichte, die 48er-Revolution und ihre Deutung nach 175 Jahren.

Im letzten Vortrag des ersten Halbjahres am 22. Juni präsentiert Dr. Anne-Laure Briatte die sogenannte radikale Frauenbewegung im deutschen Kaiserreich – ihre Radikalität bestand in der Forderung des Frauenwahlrechts als Voraussetzung aller weiteren Fortschritte, wohingegen die gemäßigten Vertreterinnen darin eher den Gipfelpunkt ihrer Bestrebungen sahen.

Mit Ausnahme des „Hamburger Bismarck-Vortrags“ finden alle Veranstaltungen im Historischen Bahnhof Friedrichsruh statt, der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird telefonisch unter der Nummer 04104 / 97710 oder per E-Mail an info@bismarck-stiftung.de gebeten. Aktuelle Informationen sowie die Termine der öffentlichen Führungen durch unsere Dauerausstellung „Otto von Bismarck und seine Zeit“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh und das Bismarck-Museum können dem Veranstaltungskalender auf dieser Website entnommen werden.

Hinweisen möchten wir außerdem auf die wissenschaftliche Konferenz, die unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Ulf Morgenstern zusammen mit Prof. Dr. Holger Afflerbach, Prof. Dr. Sabine Mangold-Will und Prof. Dr. Joachim Scholtyseck organisiert. Sie findet am 12. und 13. Juni im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn statt und ist der Berliner Afrika-Konferenz 1884/85 gewidmet. Im Zentrum stehen die afrikanischen, europäischen und globalen Dimensionen dieses Ereignisses; gefragt wird auch nach dem geschichtspolitischen Umgang mit dem kolonialen Erbe. Wir planen, die Konferenz live zu streamen.