Deutsche und französische Erinnerungen an den Krieg 1870/71 – eine Übersicht
In Friedrichsruh wird im kommenden Jahr mit einer Sonderausstellung an die Gründung des deutschen Nationalstaates vor 150 Jahren erinnert. Von Mai bis November 2021 lädt die Otto-von-Bismarck-Stiftung unter dem Titel „1870/71. Reichsgründung in Versailles. Ort – Ereignis – Gedächtnis“ dazu ein, sich mit der historischen Bedeutung des Schlosses von Versailles für die deutsch-französische Geschichte, mit dem Deutsch-Französischen Krieg, dem Reichsgründungsprozess sowie dem Nachwirken der Reichsgründung auseinanderzusetzen.
Die ersten Exponate sind bereits eingetroffen, so eine in verziertem Leder gebundene Sammlung von Porträtfotos mit dem Titel „Das ganze Deutschland soll es sein! 1870. Ein Gedenk-Album in 50 Photographien“ – von „König Ludwig II., König von Bayern“ bis zu „Fürst von Pless, Johanniter, Königlicher Commissar und Militair-Inspecteur der freiwilligen Krankenpflege“. Wer sich über den Ausbruch des Deutsch-Französischen Kriegs im Juli 1870 und das Kriegsgeschehen bereits vor der Ausstellungseröffnung informieren möchte, dem stehen die Angebote einiger deutscher und französischer Institutionen und Initiativen offen – für einen persönlichen Besuch oder im Internet.
Ausstellungen in Deutschland
Eine umfangreiche Ausstellung – mit Leihgaben auch aus dem Bismarck-Museum und dem Bismarck-Archiv in Friedrichsruh – ist bis zum 31. Januar 2021 im Militärhistorischen Museum Dresden zu sehen: KRIEG MACHT NATION. Wie das deutsche Kaiserreich entstand widmet sich intensiv unter anderem der militärischen Auseinandersetzung mit Frankreich. Das Historische Museum Hannover lädt zu der virtuellen Ausstellung Hannover und der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 ein. Präsentiert werden zeitgenössische Dokumente aus der Museumssammlung, die vor allem eine lokale Perspektive bieten.
Ausstellungen in Frankreich
Eine Ausstellung, die 2017 im Musée de l’Armée in Paris gezeigt wurde, verfügt weiterhin über eine kleine – auch deutschsprachige – Online-Präsenz: Frankreich – Deutschland – 1870-1871: Der Krieg, die Pariser Kommune, die Erinnerungen. Die Ausstellungsbroschüre erläutert die vielschichtigen Veränderungen, die Frankreich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderten erfassten.
An den Orten dreier großer Schlachten ermöglichen heute Museen, die Ereignisse und Auswirkungen des Krieges von 1870/71 auf sich wirken zu lassen: das Musée de la Bataille du 6 août 1870 in Woerth, das Musée de la Guerre 1870 in Loigny-la-Bataille und das Musée de la Guerre de 1870 et de l’Annexion in Metz.
Gleich drei Kriegen – 1870/71 sowie dem Ersten und Zweiten Weltkrieg –, aber auch 75 Jahren Frieden ist das Musée Guerre et Paix en Ardennes in Novion-Porcien gewidmet; die Sammlung umfasst insgesamt 14.000 Objekte.
Gemeinsame deutsch-französische Erinnerung
Unter dem Dach des Deutschen Historischen Instituts Paris erscheint der Blog Guerre Franco-Allemande / Deutsch-Französischer Krieg 1870/71, er dient der internationalen Vernetzung der Forschung zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 im Umfeld des 150. Gedenkens und bietet interessante Beiträge auf Deutsch und Französisch.
„Live“ mitzuverfolgen ist der Krieg auf Twitter: Unter dem Titel Heute vor 150 Jahren twittern Studierende der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Ruhr-Universität Bochum unter der Leitung von Prof. Dr. Tobias Arand und Jun.-Prof. Christian Bunnenberg „multiperspektivisch und transnational aus den Jahren 70/71“. Ihre Grundlage sind amtliche Quellen, Tagebücher, Regimentsgeschichten und Erinnerungsbücher – der deutschen wie der französischen Seite. Aus französischer Perspektive wird auf dem Account L’Année Terrible berichtet.
„Wenn die Vergangenheit wieder lebendig wird!“ lautet das Motto von Territoire 1870. Unter diesem Namen haben sich verschiedene Akteure und Institutionen aus dem Bitscher Land/Pays de Bitche und dem Nordelsass/Alsace du Nord zusammengefunden und etwa 50 Veranstaltungen geplant, die im Laufe des Jahres nach Möglichkeit stattfinden. Dabei soll nicht allein an die Vergangenheit erinnert, sondern vor allem auch die gute Nachbarschaft in der Grenzregion gefeiert werden.