Bismarck im Kanzleramt. Zumindest indirekt…

Kultur und Bildung gehören in Deutschland zur Länderhoheit, das ist allgemein bekannt. Da Ausnahmen aber die Regel bestätigen, gibt es eine über das gesamte Bundesgebiet verteilte Schar von Kultureinrichtungen, die vom Bund gefördert werden oder ihm direkt unterstehen.

Zu diesem auserlesenen Kreis gehören Ozeanriesen wie das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und das Deutsche Historische Museum sowie kleinere Beiboote wie das Bach-Archiv in Leipzig oder die fünf Politikergedenkstiftungen.

Auf Einladung der Beauftragten für Kultur und Medien (BKM), Frau Prof. Monika Grütters, waren die Spitzen dieser Kultureinrichtungen am 2. November zu einem Treffen ins Kanzleramt geladen. Das Motto der BKM „Kultur öffnet Welten“ wirkte bei dieser Zusammenkunft keineswegs übertrieben. Die große Zahl der anwesenden Vertreter und die Vielfältigkeit ihrer jeweiligen Häuser zeigten, wie breit das kulturelle Engagement des Bundes ist.

Die Bundeskanzlerin selbst ließ es sich nicht nehmen, ihrem straffen Terminplan [1] noch einen weiteren hinzuzufügen und die Gäste persönlich zu begrüßen. Nach einem Gruppenfoto auf der Südtreppe des Kanzleramts nahm sie sich Zeit für eine einstündige Aussprache.

Die Bundeskanzlerin hatte jüngst in ihrem regelmäßigen Podcast deutlich gemacht, welchen Stellenwert sie Kultur in Deutschland beimesse. Nun betonte sie u.a. die Aufgabe der Kulturschaffenden, kritische Diskussionen über unsere Geschichte anzuregen und Fragen an diese Geschichte zu stellen. Außerdem lieferte sie ein bemerkenswertes Plädoyer, bei den Projekten „ehrliche Kostenberechnungen“ anzustellen, damit nicht wie so häufig erst  ex post klar würde, wie teuer diese würden.

Gewisse Bewirtungskosten entstanden anschließend, als Frau Prof. Grütters zu weiteren Gesprächen bei Wein und Häppchen einlud – beides entgegen internationalen gastronomischen Moden explizit aus deutschen Landen. Die BKM brachte bei dieser Gelegenheit Otto von Bismarck ins Spiel. Sie erinnerte an eine kulinarische Episode, bei der der Connaisseur Bismarck dem jungen Kaiser Wilhelm II. seine Vorliebe für Champagner bekannte, den er deutschen Schaumweinen vorzöge: „Bei mir, Majestät, macht der Patriotismus kurz vor dem Magen halt.“

Wer diese launigen und jeglichen Chauvinismus zurückweisenden Worte nachlesen möchte, um es bei nächster Gelegeneheit der Staatsministerin gleich zu tun, der kann den vollständigen Text in einer Anekdotensammlung über Bismarck nachlesen – herausgegeben von zwei Kulturschaffenden des Bundes.[2]

[1] Zu den öffentlichen Terminen zählte u.a. eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem schweizerischen Bundespräsidenten sowie eine Rede zur Überreichung des Seoul Friedenspreises.

[2] Dem Otto sein Leben von Bismarck. Die besten Anekdoten über den Eisernen Kanzler, hrsg. von Ulrich Lappenküper/Ulf Morgenstern, München 2015.

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