Teller für den Sieg!
Mit den Kriegserklärungen an das Russische Reich (1. August 1914) und an Frankreich (3. August 1914) wurde auch das Deutsche Reich Teilnehmer an einem militärischen Kräftemessen, das noch mehr als vier Jahre dauern und an dessen Ende der Untergang von vier stolzen Imperien und eines ganzen Zeitalters stehen sollte.
Noch heute sind die Folgen des Ersten Weltkrieges spürbar, jedoch ist vor allem in Deutschland die kollektive Erinnerung daran durch die traumatischen Ereignisse NS-Herrschaft, Holocaust und Zweiter Weltkrieg weitgehend verdrängt worden.
Nach Kriegsbeginn begannen die Porzellanmanufakturen in Deutschland mit der massenhaften Herstellung von patriotischem Geschirr. Solches war auch schon in Friedenszeiten produziert worden, häufig als Erinnerungsstücke an Monarchen oder militärische Einheiten. Zu den genutzten patriotischen Motiven gehörten Porträts Kaiser Wilhelms II. sowie der Herrscher der mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten, aber auch Darstellungen von Staatsmännern wie Otto von Bismarck und von siegreichen Feldherren wie Paul von Hindenburg. Ebenso wurden Szenen mit Soldaten und anderes dargestellt. Insbesondere das von Wilhelm II. mit Kriegsbeginn gestiftete Eiserne Kreuz fand als Dekor vielfach Verwendung auf Tellern und Tassen.
Im Sammlungsbestand der Otto-von-Bismarck-Stiftung findet sich unter anderem ein tiefer Teller mit einer am Rand laufenden erhabenen Aufschrift in grüner Frakturschrift („Wir Deutsche fürchten Gott – Sonst nichts auf der Welt“), unterbrochen von zwei schwarzen Eisernen Kreuzen. In der Mitte des Tellers findet sich ein Eichenlaubkranz, darin ein Eisernes Kreuz mit Krone, der Initiale „W“ für „Wilhelm II.“ und der Jahreszahl 1914. Das verkürzte Zitat bezieht sich auf eine Rede Otto von Bismarcks im Reichstag vom 6. Februar 1888.
Gebrauchsgegenstände wie Tassen, Teller und anderes mit patriotischen Motiven sollten die innere Geschlossenheit und den Durchhaltewillen der Bevölkerung festigen; somit waren sie Bestandteil einer umfangreichen Kriegspropaganda, die sich bis in das Alltagsleben der Menschen auswirkte. Gleichzeitig dienten solche Gegenstände der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Erwerb und Nutzung bzw. Präsentation solchen Geschirrs, z. B. als Wandteller, zeigte die patriotische und monarchische Gesinnung der Besitzer.