Bismarck als Soldat
Geht man durch das Bismarck-Museum in Friedrichsruh, fällt im zweiten Raum der Blick auf eine Soldatenstatuette, die Bismarck von den Offizieren seines ehemaligen Bataillons zum 80. Geburtstag geschenkt bekam. Wenig ist bisher über seine Soldatenzeit bekannt.
Fast alle Biographen schweigen sich über seine Militärzeit aus oder erwähnen sie nur sehr kurz. Der Grund dafür liegt an dem Mangel an Quellen über diese Zeit. Doch was weiß man über den Soldaten Otto von Bismarck?
Im Jahr 1838 brach Otto von Bismarck, von seinen Eltern für eine Beamtenlaufbahn vorgesehen, sein Referendariat ab und trat in das Garde-Jäger-Bataillon in Potsdam ein. Dies tat er jedoch nicht freiwillig, denn er musste noch den obligatorischen Wehrdienst ableisten. Hierzu hatte er sich als sogenannter „Einjährig-Freiwilliger“ gemeldet. Diese Möglichkeit gab es in Preußen seit 1813. Wehrpflichtige mit einem höheren Schulabschluss konnten statt des zwei- bis dreijährigen einen verkürzten Wehrdienst leisten. Nach dem Ableisten dieses Jahres wurden die „Einjährig-Freiwilligen“ meistens Reserveoffiziere. Da sie sich in ihrer Dienstzeit jedoch selbst einkleiden und versorgen mussten, konnten es sich nur Söhne wohlhabender Familien leisten. Der Dienst musste zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr absolviert werden.[1]
Bismarck war bei seinem Dienstantritt schon 23 Jahre alt, die Zeit drängte also. Dennoch versuchte er, sich auch um diesen verkürzten Wehrdienst zu drücken. Er täuschte bei der Einberufung eine Armverletzung vor, um dem ungeliebten Dienst noch zu entgehen. Doch damit hatte er keinen Erfolg und fügte sich schließlich seinem Schicksal.[2]
Das erste halbe Jahr seines Wehrdienstes leistete er beim Garde-Jäger-Bataillon in Potsdam ab. Dieses Bataillon war im Jahr 1744 auf Befehl Friedrichs des Großen aufgestellt worden und bestand zunächst aus Forstpersonal, welches seine eigene Bewaffnung mitbrachte. Es nahm unter anderem an den Napoleonischen Kriegen, dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 und dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 teil.
Im Jahr 1838 zeichnete sich ab, dass Otto von Bismarck in naher Zukunft die elterlichen Güter in Pommern würde übernehmen müssen. Aus diesem Grund lies er sich zum 1. Oktober 1838 zum Pommerschen Jäger-Bataillon Nr. 2 nach Greifswald versetzen, denn er wollte sich an der Landwirtschaftsschule im nahegelegenen Eldena auf seine Tätigkeit als Gutsherr vorbereiten.[3] Dieses Bataillon ging 1821 aus dem zuvor genannten Garde-Jäger-Bataillon hervor und war seitdem in Greifswald stationiert. Später wurde es zu Ehren Bismarcks und in Erinnerung an seine Dienstzeit in Pommersches Jäger-Bataillon „Fürst Bismarck“ Nr. 2 umbenannt. Genau wie das Garde-Jäger-Bataillon kämpfte auch diese Einheit in allen wichtigen preußischen und deutschen Kriegen bis 1918. Über die Greifswalder Zeit schrieb Bismarck rückblickend, wobei er sich über seine Dienstzeit beim Pommerschen Jäger-Bataillon Nr. 2 ausschwieg:
„Ich hielt mich 6 Monate in Greifswald auf, um auf der landwirtschaftlichen Akademie in Eldena nichts zu lernen, als was ich in jedem Buche lesen konnte, und setzte mich dann mit der vollen Unwissenheit eines schriftgelehrten Stadtkinds in eine sehr ausgedehnte und verwickelte Wirtschaft“.[4]
In dieser Zeit erwarb er seine ersten Auszeichnung, als er in der Nähe der westpommerschen Stadt Lippehne (dem heutigen Lipiany) einen Kameraden vor dem Ertrinken rettete. Für diese Tat wurde er mit der „Rettungsmedaille“ ausgezeichnet und sogar vom Superintendenten der Region beglückwünscht.[5]
Zu Ostern des Jahres 1839 endete Otto von Bismarcks Wehrdienst, und er siedelte auf das Gut Kniephof um.
Die Bronzestatuette bekam Bismarck anlässlich seines 80. Geburtstags vom Offizierskorps des Garde-Jäger-Bataillons als Erinnerung an seine Dienstzeit geschenkt. Sie wurde in Berlin von der Kunstgießerei Steinemann hergestellt. Hermann Steinemann war ein 1852 in Berlin geborener Bildhauer und Kunstgießer. Noch heute sind die von ihm gestalteten Reliefs am Postfuhramt der Reichspost in Berlin zu sehen.
Die bronzene Statuette und zeigt einen stehenden Soldaten des Bataillons in zeittypischer Uniform der 1890er Jahre mit Waffe, Bajonett, Feldspaten und Marschgepäck. In den Sockel aus anthrazitgrünem Marmor, auf dem die Figur steht, ist der Text „Dem Fürsten Bismarck zur Erinnerung an seine Dienstzeit im Garde-Jäger-Bataillon 1838“ eingraviert.[6] Die Statuette ist heute im Bismarckmuseum in Friedrichsruh zu sehen.
Text: Thilko Carstens
[1] Freiwillige, in: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Leipzig/Wien 1885-1892, S. 659f.
[2] Engelberg, Ernst: Bismarck, Urpreuße und Reichsgründer, Berlin 1986, S. 146f.
[3] Quade, Gustav: Fürst Bismarck-Schönhausen und die nationale Bewegung des Deutschen Volkes 1815-1871, Anklam 1871, S. 15.
[4] Zitiert nach: Klein, Tim (Hg.): Der Kanzler. Otto von Bismarck in seinen Briefen, Reden und Erinnerungen, sowie in Berichten und Anekdoten seiner Zeit, München 1915, S. 54.
[5] Grousilliers, A. de (Hg.) : Das Bismarck Museum in Bild und Wort. Ein Denkmal deutscher Dankbarkeit, Leipzig 1899, S. 55.
[6] Ebd., S. 54.